Wir widersprechen den Überwachungsplänen für die Münsterstraße

Pressemitteilung vom 05.02.2019

Videoüberwachung verdrängt Probleme und löst sie nicht.

Gewerbetreibende und Anwohner*innen sollen sich beim Nordpol melden.

Die Polizei Dortmund will Videoüberwachung auf der Münsterstraße installieren. Schon von 2020 an könnten Kameras rund um die Uhr an den Gebäuden das Geschehen auf der Straße live überwachen, teilten Stadt und Polizei Dortmund heute mit. Das Kneipenkollektiv „Nordpol“ sieht Persönlichkeitsrechte verletzt und lehnt die Pläne ab. „Sie sind kein Ansatz zur Lösung von Problemen, sondern verdrängen die alten und schaffen neue“, sagt Nordpol-Sprecherin Sara Trommler.

Schon vor zwei Jahren stand die Installation von Kameras im öffentlichen Raum zur Debatte. Damals war die Überwachung auf der Brückstraße eingerichtet worden, für die Münsterstraße hatte Polizeipräsident Gregor Lange den Wünschen einiger Law-and-Order-Liebhaber*innen aber eine Absage erteilt: „Die kriminogenen Orte in der Nordstadt sind austauschbar – dann müssten wir flächendeckend überwachen. Das wäre verdächtig nah an einem Polizeistaat. Das kann ja keiner wollen“, hatte er damals den „Nordstadtbloggern“ gesagt. „Damals hat der Polizeipräsident die Situation erfreulich differenziert eingeschätzt“, so Sara Trommler vom Nordpol. „Wir fragen uns, was ihn nun dazu bewogen hat, seine Meinung zu ändern. Denn die Situation hat sich ja nicht verändert.“

Aus Sicht des Nordpol-Kollektivs ist Videoüberwachung, die gerne verharmlosend „Beobachtung“ genannt wird, nicht nur ein teures, sondern auch ein wirkungsloses Instrument zur Kriminalitätsbekämpfung. „Deutschprachige und internationale kriminologische Untersuchungen kommen immer wieder zu demselben Ergebnis: Kameras im öffentlichen Raum verschieben Kriminalität allenfalls, können Sie aber weder verhindern noch die Probleme lösen“, so Trommler. Auch in der Brückstraße sind die Erfolge bisher eher bescheiden. Die Überwachung des Stadtraums sei nicht, wie von Polizeipräsident Lange behauptet, eine „sinnvolle Ergänzung zum bestehenden Präsenzkonzept“, sondern vielmehr blinder Aktionismus ausgehend vom populistischen Gerede eines imaginierten „Sicherheitsgefühls“, das Probleme nicht ernst nimmt, sondern sie verdrängt. „Dass die Polizei Dortmund dafür wider besseren Wissens und ohne sinnvolle Argumente massive Einschränkungen von Persönlichkeitsrechten in Kauf nimmt und die früheren Bedenken über Bord wirft, nur weil es das novellierte Polizeigesetz plötzlich erlaubt, ist für uns nicht nachvollziehbar“, sagt Sara Trommler.

„Als unkommerzieller Ort für Kultur und Nachbarschaftstreffpunkt und als Anwohner*innen sind wir seit über fünf Jahren auf der Münsterstraße angesiedelt. Uns ist es von je her ein Anliegen, dass auf der Münsterstraße respektvoll miteinander umgegangen wird“, sagt Sara Trommler vom Nordpol. „Der Umgang der Menschen auf der Münsterstraße miteinander ist in der Regel freundlich. Wir wünschen uns, dass sich die Ordnungsbehörden dem auch verpflichten. Dazu braucht es nicht Vorverurteilungen und erhöhten Kontrolldruck, sondern Angebote zur Teilhabe und die Unterstützung derjenigen, die hier landen, weil sie anderswo verdrängt wurden.“

Polizeipräsident Lange sagte in der heutigen Pressekonferenz, dass er „auf Zuspruch hoff[e]“. Wir widersprechen. „Alle Anwohnerinnen und regelmäßigen Besucherinnen der Münsterstraße, die sich dem Widerspruch anschließen möchten wir einladen, über kontakt@nrdpl.org mit dem Nordpol-Kollektiv ins Gespräch zu treten. Wir wollen die Ankündigung aus Rathaus und Polizeipräsidium nicht einfach so hinnehmen“, so Trommler abschließend.